Der Schlechteste wurde der Beste

Karl-Peter

In meinem 1. Berufsleben bin ich
Schlosser- und Schmiede-Meister

In der Schlosserei habe ich insgesamt
16 Jahre gearbeitet.

Jedes Jahr bewarben sich in den 70-iger Jahren etwa 3 Lehrlinge, die auch fast alle aufgenommen und ausgebildet wurden.

Ende der 70-iger, jedoch hatten wir in einem Jahr schlagartig fast 20 Bewerber.

Diese konnten aber nicht alle aufgenommen werden.  Also mussten wir uns etwas einfallen lassen, um den „richtigen“ aus dieser Masse herauszufiltern.

Wir ließen alle Bewerber zu einer Arbeitsprobe antreten:

  1.   Anfertigen eines Metall-Stückes mittels:
    . Säge, Feile, Hammer, Körner, Zollstock, Bohrmaschine u. s. w.
  2.   Ein kleiner Aufsatz wie:  „Warum will ich diesen Beruf erlernen ?“
  3.   Ein paar Rechen-Aufgaben, wie 3-Satz, Gewichtsberechnung etc.

Jeder erhielt einen Arbeitsplatz und die Gruppe legte los.

Darunter gab es einen Bewerber; er war der älteste und hatte auch schon
handwerkliche Berufserfahrung.
Sein erster Satz war, nach dem ich ihm seinen Arbeitsplatz zugewiesen hatte:
„Ihr könnt die alle nach Hause schicken. Ich bin sowieso der BESTE hier.“
(… und das meinte er ernst).

Und tatsächlich, das Werkzeug beherrschte er recht gut,
und nach kurzer Zeit lieferte er das Ergebnis seiner
handwerklichen Arbeit (Metall-Stück), mit sehr gutem Ergebnis.
Den Aufsatz hatte er zügig erstellt und die Rechenaufgaben
setzte er lässig um.

Aufgefallen war mir doch der Jüngste in dieser Gruppe.

Beim erstellen des Metall-Stückes zitterte er am ganzen Körper.
(Er war sehr aufgeregt und hatte bisher wahrscheinlich wenig echte Prüfungserfahrung).
Beim Aufsatz war er überfordert und bei den Rechenaufgaben brach er weinend zusammen.

Das hatte natürlich das gesamte Prüfungs-Team (Chef, Werkstatt-Meister und ich)
mitbekommen – und unsere Entscheidung, für wen wir uns entscheiden, stand sofort fest.

Hintergrund:
Unsere Frage, war nicht, wer der Beste ist, wer schon alles kann.
Nein, unsere Frage war:  Mit wem möchte ich täglich zusammenarbeiten.
Wen habe ich Lust auszubilden? – Wer hat Potenzial?

.. und das hatte der jüngste. Wir sahen das Potenzial.
Deshalb fiel unsere Wahl einstimmig auf den jüngsten.

Aus den unterschiedlichen individuellen Gesprächen mit dem ältesten Bewerber erkannten wir, dass wir nicht die selbe Sprache sprechen. Es gab ständig Spannungen.
Uns war klar, selbst wenn dieser die Lehre durchzieht, ist es fraglich ob er der Firma erhalten bleibt.

Kurz und gut:  Der Jüngste erhielt den Lehrvertrag.
Mit dem Ergebnis:  Nach drei Lehrjahren schloss er mit
dem besten Gesellen-Prüfungsergebnis in Norddeutschland ab.

Natürlich wurde er als Geselle übernommen.
Und nun lese und staune.
Dieser Geselle arbeitet noch heute,
nach fast 40 Jahren, in dieser Schlosserei.
Er hat sich auf mehreren Ebenen spezialisiert
und kommt mit jedem Mitarbeiter
und Vorgesetzten hervorragend aus
und ist ein erfolgreicher und beliebter
Lehrlings-Ausbilder.

Fazit:
Es kommt nicht nur auf das Können an.
Ein wichtiger Part ist auch die Persönlichkeit und Menschlichkeit.

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